Juli 2

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Gastartikel: Warum Kinder in den Kühlschrank müssen – Amüsantes aus dem Alltag

Hi! Ich bin Björn, 35 Jahre und seit zehn Jahren verheiratet. Seit 3 Jahren lebe ich in Großbritannien und habe eine mittlerweile 9-jährige Tochter. Folgende Geschichte hat sich letzten Sommer bei mir abgespielt, die ich hier bei In den Brunnen mit euch teilen möchte. Mehr über mich und von mir findest du auf gehvoraus.de

In meinem Bekanntenkreis habe ich mittlerweile eine gewisse Reputation für meine etwas unorthodoxen Methoden mit Kindern umzugehen und Probleme zu lösen – Drei Jahre lang, als Tagesvater, war ich damit insbesondere bekannt und bei einigen sogar beliebt. Kürzlich war wieder einer dieser Momente.

„Du bist beste Papa der Welt!“ Sagte das eben noch schmollende Kind, als es aus dem Kühlschrank kam.“

Die Nachmittage in der Schulzeit hier in UK sind ziemlich kurz. Die Kids sind erst gegen 15:30 Uhr „entlassen“. Die Zeit, bis wir Erwachsene schon wieder schlafen gehen ankündigen müssten, um das Aufstehen für den nächsten Schultag möglichst stressfrei zu gestalten, empfinde ich als gewissermaßen kurz.

Auf dem Spielplatz

Häufig besuchen wir erstmal den Spielplatz. Eine gute Möglichkeit zum elterlichen Austausch und wichtige Erholungs- und Spielzeit für die Kinder. Leider fällt auch immer wieder auf, wie wenig Freiraum Kinder heute von uns Erwachsenen bekommen. Ständig wird wegen irgendwas zu Gefährlichem ermahnt oder sogar angeleitet was und wie zu spielen sei. Ich freue mich immer diebisch, wenn sich doch manchmal Männer auf dem Spielplatz blicken lassen. Da geht manchmal schon mehr durch und die Kinder finden vielleicht tatsächlich heraus, was sie schon können oder eben nicht. Dennoch lieben die Kids auch ihre hilflos tröstenden Papas, wenn mal etwas schief geht. Tut halt auch mal gut, wenn der sich entschuldigt.

Es ist hier in UK offenbar typisch, dass üblicherweise Eltern regelmäßig Junk-Food zum Spielplatz mitbringen. Ich werde mich hier jetzt keinesfalls als Missionar für ethisch korrektes und gesundes Essen aufführen, wenngleich ich davon überzeugt bin, dass es viel mehr zufriedene und glückliche Menschen in den Industrienationen gäbe, wenn sie sich bewusster, ausgewogener und natürlicher ernähren würden. Zu diesem Thema werde ich mich aber ein anderes Mal auskotzen.

Ich finde es jedenfalls trotzdem schön, wie am Nachmittag ein weinig für Gemeinschaftsgefühl gesorgt wird, weil die Eltern nicht nur für ihre eigenen Kinder sorgen, sondern in der Regel eine genügend für alle Kinder zur Verfügung stellen und ihre Kinder bitten es mit den anderen zu teilen. Und an heißen Tagen habe ich auch eigentlich nichts einzuwenden, wenn mein Kind mit einer Eiscreme versorgt ist.

Jedenfalls habe ich trotzdem unterbewusst wieder einmal eine Dosis Schuldgefühl eingeimpft bekommen und überlege schon, wie ich mich dafür revanchieren könnte, dass meine kleine so oft schon etwas angeboten wurde.

Nachdem die Eltern also das Spielen der Kinder mit ihren Snacks unterbrochen haben bleibt oft nicht mehr viel Zeit übrig. Termine und sonstige Verpflichtungen nehmen schon Stellung ein. So machen sie sich nach und nach auf ihren Weg, schön im Takt des Alltags.

Och, nö! Muss das sein?

Wenn es dann für uns nach Hause geht und Papa so Dinge wie Hausaufgaben vorschlägt, kann sich wahrscheinlich jeder vorstellen, dass das Kind nicht gleich Luftsprünge vor Freude macht. Warum unsere Kinder aber oft keine Hausaufgaben, oder generell lernen, als langweilig und blöd empfinden liegt aber nicht an unseren Kindern! Es liegt an uns langweilige und stocksteife Eltern – Ich gehöre leider hier und da auch dazu, aber immer seltener.

An einem dieser Tage hat der alte langweilige Papa also wieder einmal versucht das liebe Kind dazu zu begeistern, dass es sich mit Mathematik beschäftigt.

Die Hausaufgaben werden derzeit in der Küche gemacht. Dort haben wir einen schön großen Tisch und hier gibt es die wenigsten Ablenkungen, naja, mal abgesehen von leckerem Essen.

Ich bemerkte schon recht bald, dass an diesem Tag die Motivation nicht in Unmengen vorhanden war und kurze Zeit später wurde dann schon angefangen, die erste Unlust kund zu tun.

Ich beschreibe jetzt nicht länger wie das so bei uns aussieht. Manchmal kann aber ein so kleines Meckern in einem ausgewachsenen Wutanfall enden, bei dem die Wohnungseinrichtung Gefahr läuft zu Staub pulverisiert zu werden. Es ist mittlerweile nicht mehr so häufig und ich bin froh, dass unsere Mühen dies zu ändern auch schon Früchte gebracht haben. Dennoch gleicht der kleine Mensch manchmal einem Pulverfass. Ich bemerkte, wie ich langsam etwas nervös wurde, denn nach etwa der Hälfte der Aufgaben kam eine besonders knifflige Aufgabe, die die Bombe fast zum Platzen brachte während ich mich schon auf die Rettung unseres Hab und Gutes gefasst machte.

Aber es kam anders

Liebe(r) – kühlen Kopf bewahren

Nach mehreren aufmunternden Worten, die natürlich meistens nicht den gewünschten Effekt einleiten und der Stift durch den Raum flog, bat ich sie doch bitte eine Pause einzulegen und wir könnten etwas später weitermachen. Das machte sie aber nur noch wütender und ich fügte hinzu, ob sie mir doch bitte eine Antwort darauf bringen kann, was wir denn mit ihr tun sollten, damit sie nicht so wütend ist. Denn, seit einiger Zeit arbeiten wir hart daran, dass unser kleiner Wirbelwind uns immer eine Lösung anzubieten versucht – egal was es ist! Einzige Regel: Es darf dabei niemand verletzt und nichts beschädigt werden.

„Ich muss in den Kühlschrank“ – Kind 8 Jahre

antwortete Sie, mit glühendem Blick.

Ich erkannte meine Chance und erwiderte, ob sie denn der Meinung sei, dass die Wut davon denn verschwinde und sie erwiderte zögerlich: „Ich glaube schon“.

Ich ergriff die Möglichkeit und leitete an, dass wir den Kühlschrank vorher ausräumen müssten und ich ihn auch etwas säubern müsste, danach würde es ihr freistehen sich hineinzusetzen.
Ein Mann ein Wort, gemacht, getan, zehn Minuten später war der Kühlschrank leer und sauber und Töchterchen half sogar eifrig mit.

Ich fragte sie dann, wie lange sie denn meine dort drin sein zu müssen, damit sie nicht mehr sauer sei und sie antwortete, dass sie wohl für zehn Minuten dort drinbleiben müsse. Wieder Wort gehalten, Eieruhr auf zehn Minuten gestellt und Kind klettert in den Kühlschrank, zugemacht und…

Stille…für 8 Minuten.

Wiederauferstehung von den Wütenden

Plötzlich steigt etwas aus dem Kühlschrank. Ein Kind, mit einem Lächeln im Gesicht, als hätte sie gerade als Klassenbeste das Schuljahr beendet. Völlig überschwänglich, entspannt und fröhlich. Plötzlich hat sie scheinbar die Wut überwunden.

Ich habe mein Ziel aber nicht aus den Augen verloren und frage sie, ob sie denn jetzt die Matheaufgaben erledigen könne und zum endgültigem Erstaunen waren diese innerhalb von weiteren zehn Minuten erledigt. Wow, das nenne ich mal Happy End.

Eine kleine WICHTIGE Anmerkung zum Schluss:

Vielleicht gibt es Leser, die der Meinung sind, dass ein wirklich wütendes Kind, das oben beschriebene nicht machen würde. Mit dieser Einstellung werden einige wahrscheinlich nicht mal bis zu dieser Zeile gekommen sein, da sie denken, dass das mit ihrem Kind nicht möglich wäre oder sogar, dass ich hier nur mit meinem Kind prahlen will.

Ich möchte aber anmerken, dass unser Kind heutzutage überhaupt in der Lage ist auf solche Weise Probleme zu lösen, hat mit sehr viel Arbeit im Vorfeld zu tun.

Damit meine ich übrigens nicht nur Arbeit am Kind, so wie die meisten es verstehen, sondern vielmehr die Arbeit an unser eigenem Verhalten als Eltern.

Ich erinnere mich an einen Kommentar auf Amazon als Rezension zu einem Buch vom Erziehungsautor Jesper Juul den ich hier aufgreifen möchte. Der Kommentar lautete in etwa so:

„Ich habe alles ausprobiert, bei meinem Kind hat nichts funktioniert.“

Ich empfinde Eltern- und insbesondere Erziehungsliteratur als ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite ist mehr Wissen immer eine gute Sache, die Frage ist nur: Von wem ist dieses Wissen bereitgestellt und mit welcher Suggestion und für wen gedacht?

Ich befürchte, dass sich viele Eltern mit ihren Kindern zu wenig beschäftigen (können, oder wollen) um zu lernen sie selbst zu verstehen. Das ist fatal, denn kein Buch kann dir erklären, was richtig ist und was falsch. Ich rufe daher auf Bücher (oder diesen Blog) zu lesen um sie als Anregungen zu nutzen, nicht um Lösungen für die eigenen Probleme zu finden. Kinderverhalten wird durch die Einflüsse der Umgebung geprägt und wir Eltern gehören dazu, sind vermutlich sogar der größte Einfluss, selbst wenn wir auf den Tag gesehen die wenigste Zeit mit ihnen verbringen.

Seid Mutige Eltern, seid liebevolle Eltern, auch wenn es schwerfällt – Aber den Kindern wird es dann sicher auch selbst schwer fallen gemein zu euch zu sein.


Stichworte

Wut


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