April 3

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Nie hörst du mir zu! – Woran Empathie meist scheitert

„Mir geht es jetzt noch schlechter als vorher!“

Wie oft habe ich diesen Satz von meiner Frau gehört. Sie sagte ihn sehr oft, nachdem ich mich zu ihr gesetzt habe, um ihr zuzuhören. Wenn es etwas gab, was sie bedrückt oder verletzt hat und ich gern für sie da sein wollte. Leider ist mir das eine lange Zeit selten gelungen und so fiel dieser Satz immer und immer wieder. Dieser Zustand hat mich sehr bedrückt und es hat eine ganze Weile gebraucht, ehe ich verstand, wie Zuhören wirklich funktioniert.

Mitgefühl und Mitleid

„Richtig“ zuhören bedeutet vor allem: Empathie schenken. Was heißt das? Grob übersetzt bedeutet „Empathie“ Mitgefühl. Hier müssen wir schon aufmerken, denn Mitgefühl ist nicht gleichbedeutend mit Mitleid. Der Unterschied liegt hier im Verhältnis von Ursache und Wirkung. Wenn ich Mitleid habe, leide ich mit, das heißt: Ich empfinde die Ursache der Traurigkeit/Verletzung/… meines Partners als genauso schlimm wie er/sie. Das bedeutet jedoch auch, dass sich die Aufmerksamkeit im Beisammensein verlagert, von meinem Partner und seinen/ihren Gefühlen hinzu einer Sache, die in dem Moment hier nicht hingehört. Wenn ich zuhöre, soll Raum sein für meinen Partner und dessen/ihre Gefühle. Er soll sich gesehen fühlen und Platz haben, für alles, was in ihm vorgeht. Wir wollen nicht mitleiden, wir wollen mitfühlen.

Nichts macht eine solche Situation mehr kaputt, als dass sich unser Partner nicht gehört oder gesehen fühlt. Interessanterweise sehe ich gerade in Filmen, Serien und anderen Medien immer wieder, dass jemand scheinbar für einen Anderen da sein möchte, aber eine Menge Dinge tut und sagt, die sicherlich in keinster Weise hilfreich sind. Leider orientieren wir uns oft an diesen Vorbildern, sodass unsere Fähigkeit, wahre Empathie zu schenken, immer mehr an Kraft verliert. Ich möchte im Folgenden einige Beispiele für Fehler beim Zuhören und Empathie schenken aufzeigen:

Vorschnelle Ratschläge

Vielleicht glauben wir, dass es dem Gegenüber helfen würde, wenn wir sein Problem lösen. Gerade wir Männer neigen schnell dazu. Das hat jedoch nicht viel mit Empathie zu tun. Bevor nicht mein Gegenüber Raum bekommen hat, für seine Gefühle und die Sachen die er zu sagen hat, wird er auch nicht offen sein für Ratschläge. Ratschläge sind auch Schläge, deshalb habe ich mich daran gewöhnt, erst dann Ratschläge zu geben, wenn ich darum gebeten werde.

„Ach, das ist ja noch gar nichts!“

Hin und wieder neigen wir dazu, die Erfahrungen des Anderen zu relativieren, aus unserer eigenen Erfahrung heraus noch einen draufzusetzen oder die eigenen Erfahrungen mitzuteilen („Genauso ging es mir auch neulich!“) All das verschiebt jedoch den Fokus vom Anderen, um den es ja eigentlich gehen sollte auf uns und unsere Erfahrungen, oder noch schlimmer, auf unser Urteil über den Anderen und seine Erfahrungen und Gefühle.

„Das ist ja nun wirklich nicht so schlimm!“

„Ach du Ärmster!“

„Das hat er nicht so gemeint, das hast du nur falsch verstanden!“

Wieder hat so der Andere keinen Raum für seine Gefühle und Bedürfnisse. Denn eigentlich weißt unser Verhalten nur darauf hin, dass wir die Trauer und Verletzung des Anderen eigentlich gar nicht ertragen können und uns mit diesen Lösungsstrategien schützen möchten.

Das Verhör

Gerade wenn wir uns emotional nicht auf den Anderen einlassen können, neigen wir dazu, Nachfragen auf der Faktenebene zu stellen und das Gespräch in ein Verhör zu verwandeln. Eigentlich möchten wir deutlich machen, dass wir ganz lebendig dabei sind und interessiert sind.

Wann war das genau?
Was für Schuhe hatte er an?

Leider wird das so nicht bei unserem Partner ankommen. Wenn wir merken, dass wir allerhand wichtigen und vor allem unwichtigen Details der Erzählung unseres Partners mehr Aufmerksamkeit schenken, als die Frage, was das Geschehene mit ihm macht, sollten wir unbedingt innehalten!

Wenig stellt so viel Nähe her, wie wenn es gelingt, Empathie zu schenken
Wenig stellt so viel Nähe her, wie wenn es gelingt, Empathie zu schenken

Was ist echte Empathie?

All die genannten Beispiele haben mit echter Empathie nicht viel zu tun. Vielleicht fühlst du dich nun ein wenig hilflos, weil du es so sehr gewohnt warst, dass die genannten Methoden Zeichen für echtes Zuhören sind. Aber eigentlich führen sie nur zu Streit in der Beziehung.

Also was macht echtes Mitgefühl aus? Empathie schenken meint ein respektvolles Verstehen der Erfahrungen des Gegenübers. Anstatt also Ratschläge zu geben und immer wieder ins Wort zu fallen, geben wir dem Anderen Raum, sich in seinen Bedürfnissen, Gefühlen und Wahrnehmungen auszudrücken. Und das lassen wir erst einmal so stehen.

Keine Wertung. Keine Ratschläge. Kein Relativieren. Nur das Fließen lassen dessen, was gerade im Anderen lebendig ist, sei es Freude, Trauer oder Wut.

Shalom,

dein Mathias


Stichworte

Achtsamkeit, Empathie, Streit


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