August 31

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Yesterday – Wenn Männer plötzlich verlassen werden!

„Gestern schienen all meine Probleme so weit weg zu sein.“

Yesterday – Er ist einer der berühmtesten Songs der Beatles und zeitgleich der, den ich am wenigsten leiden kann. Das liegt nicht etwa daran, dass die Melodie nicht schön wäre oder ich Liebeslieder, gerade traurige, nicht mögen würde.

Eigentlich sollte ich sogar froh sein, dass es dieses Lied gibt, denn es fasst die Problematik vieler Männer, die plötzlich verlassen werden, phantastisch zusammen. Das lyrische Ich sagt nämlich zusammenfassend das:

„Gestern war alles noch gut. Aber dann habe ich irgendwas falsches gesagt und jetzt ist meine Freundin weg. Ich weiß nicht warum, ich wünschte, es wäre wieder so wie gestern.“

Autsch. Das ist wirklich eine sehr kindliche Auffassung von Beziehung.

Was finde ich alles zum Haare Raufen in diesem Lied?

1. Gestern war noch alles gut

Nein. Einfach nein. Es mag zwar Beziehungen geben, in denen ein kleiner Streit reicht, alles enden zu lassen. Aber „Beziehung“ würde ich das dann nicht unbedingt nennen. In allen anderen Fällen ist es offensichtlich, dass die nicht weiter beschriebene Situation am vorigen Tag nur die Spitze auf dem Eisberg war. Tatsächlich war noch nicht einmal das, was der arme Kerl gesagt hat, der Grund für das Gehen seiner Freundin. Es gibt nämlich eine einfache Regel, die für fast alle Streits in Beziehungen gilt:

Es geht immer um die Sache hinter der Sache.

Mein liebstes Beispiel sind die liegengebliebenen Socken. Keine Beziehung hat sich je wegen liegengebliebenen Socken aufgelöst. Aber sehr wohl wegen dem, wofür die Socken stehen und was in ihnen gesehen wird:

Ignoranz, Grenzüberschreitung, mangelnde Empathie, Ungeduld, Engstirnigkeit, Zwanghaftigkeit, Egoismus…

Jede Handlung, die meinen Partner verletzt, wird von ihm unbewusst im Licht seiner Glaubenssätze gedeutet und auf das innere Verletzungskonto addiert. Wenn wir die geschehenen Verletzungen nicht klären, falsche Glaubenssätze auflösen oder ich die Empathie entwickle, meinem Partner entgegen zu kommen, dann ist dieses Konto irgendwann voll. Mein Partner wird wahrscheinlich gehen.

War also gestern noch alles gut? Ganz sicher nicht. Das Kerl in dem Song hat einfach nur die Spitze des Eisbergs noch nicht gesehen. Beziehungsweise den riesigen Koloss, der unter dem Wasser verborgen lag.

2. Ich sagte etwas falsches

Es mag ein altes Klischee sein, und sicher trifft es auch für viele Frauen zu, aber:
Männer neigen dazu, in „Richtig“ und „Falsch“ einzuteilen. In uns ist immer noch das Bild des Helden gespeichert, der kämpft, seine Prinzessin rettet und dabei möglichst keine Fehler macht. Wenn etwas schief geht, dann hat der Held versagt und ist unwürdig. Rollst du schon mit den Augen, weil du dieses Bild als veraltet einschätzt? Leider höre ich ständig nach wie vor Sätze, wie:

„Man kann es Frauen einfach nicht recht machen!“

„Jetzt bin ich wieder schuld!“

Ich möchte dann immer antworten, dass es nicht darum geht, alles richtig zu machen. Dass es kaputt macht, einen Perfektionsanspruch an sich selbst zu stellen, der unerreichbar ist.

Wir müssen nicht kämpfen. Aber wir Männer müssen uns um uns kümmern. Denn der zweite Satz, den ich immer wieder höre, ist:

“Frauen haben mehr Probleme als Männer. Sie sind so gefühlsbetont.“

Diese Aussage empfinde ich als furchtbar traurig. Wenn uns zum Beispiel die Gewaltfreie Kommunikation eines lehrt, ist es, dass wir Menschen alle so ziemlich die gleichen Bedürfnisse haben. Wir wählen nur unterschiedliche Wege, sie zu erfüllen.

Ob ich, wie es viele Frauen tun, meine Sorgen und Fragen meist nach außen kehre, oder sie in mein Innerstes verdränge:
Die Vorgänge, die dahinter stehen, sind da. Und es macht mich krank, wenn ich mich nicht mit ihnen auseinandersetze. Außerdem schiebe ich die Verantwortung für diese Vorgänge an Andere ab, denn sie beeinflussen mich immer. Und dann darf sich zum Beispiel mein Partner damit herumärgern, dass ich passiv aggressiv handle oder kindlich frage: „Was habe ich denn nur falsch gemacht?“

Ein Streit, der zum Beziehungs-Aus führt, ist oft nur die Spitze des Eisbergs

Wahre Männlichkeit

Das bedeutet nicht, dass wir Männer werden müssen, wie zumindest dem Klischee nach, Frauen sind. Wir müssen nicht ständig darüber reden, was in uns vorgeht und den Dialog suchen (auch wenn das hin und wieder wirklich gut ist!) Aber wir müssen den Schritt gehen, wieder in unsere männliche Energie zu kommen und Verantwortung für uns, unsere Gefühle und unsere Bedürfnisse übernehmen.

Denn, wenn jemand spricht, wieder der Kerl in dem Song, dann ist dies eigentlich ein Brief an seinen Inneren Jungen, der verschüttet unter all der Verdrängung begraben liegt. Die Worte in Yesterday sind nur die Verbildlichung der Ferne und Trennung zu uns selbst:

„Plötzlich bin ich nicht mal mehr zur Hälfte der, der ich früher war.
Eine dunkle Wolke hängt über mir.“

„Warum musste sie (er!) gehen;
ich weiß es nicht, sie (er!)wollte es nicht sagen.“

Dabei gibt es so viel zu gewinnen. Denn, wenn ich den Zugang zu meiner Angst, Wut und Trauer bekomme, dann nehme ich auch wieder echte Freude, Kraft und Liebe war, die ebenso in mir verborgen liegen. Ein Mann, der ganz in der Mitte seiner Kraft und Verantwortung für sich ist, kann auch die Beziehung gestalten und wird nicht völlig „überraschend“ einfach von seiner Freundin verlassen. Weil er weiß, Probleme so anzugehen, dass sie nachhaltig und für alle Beteiligten zum besten gelöst werden. Dazu muss er nicht „weiblicher“ werden, sondern viel mehr bedeutend „männlicher“! Aktiv, schöpferisch und kraftvoll.

Vielleicht wollte Paul McCartney ja genau das erzielen: Dass der Hörer sich an den Kopf greift und denkt: „Es ist doch offensichtlich, warum deine Freundin weg ist!“

Dann ist dieser Song einer der genialsten Lieder, die ich kenne. Und vielleicht sollte ich es auch so sehen, denn das Werk weiß ja stets mehr als der Autor.

Was denkst du?

Shalom,
dein Mathias


Stichworte

Achtsame Beziehung, Streit


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