Juni 28

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Was braucht erfüllender Sex in der Paarbeziehung?

Wann ist Sex eigentlich gut? Und mit gut meine ich erfüllend und leidenschaftlich. Etwas, das meine Beziehung zu meinem Partner und auch zu mir selbst bereichert.

Mythen und Vorstellungen zum Thema Sex

Zu dieser Frage existieren verschiedene Mythen und Vorstellungen. Zum Beispiel legt die Fülle an Literatur wie „Der perfekte Liebhaber“ oder „Die perfekte Liebhaberin“ nahe, dass es auf die Technik ankommt. Was kann ich tun, dass sich mein Partner wohl fühlt und der Sex zu einem Erlebnis wird, das man nicht so schnell vergisst? Was ist zu tun, damit keine Langeweile Einzug ins Schlafzimmer (oder in welchen Ort auch immer) hält?

Auch wenn es ganz großartig ist, wenn ich, oder mein/e Partner*in sich mit dem Körper auskennt und weiß, welche Knöpfe zu drücken sind, ist dies höchstwahrscheinlich nicht der Weg, das Ziel „Wirklich großartigen Sex“ zu erreichen. Diese Erkenntnis darf erst einmal viel Druck aus der Thematik nehmen, der leider oft bei Paaren herrscht. Die Angst, „langweilig“ zu sein, ist nicht selten und belastet die Paarbeziehung vieler Menschen. Die Wahrheit ist: Wenn ich mich auf die Technik konzentriere, wird eben auch der Sex technisch.

Ich bin so sehr mit dem Ursache-Wirkung-Verhältnis von dem, was ich tue, beschäftigt, dass mir keine Zeit bleibt, meinen Partner wirklich wahrzunehmen. Oder mich selbst, mit dem, der ich bin, auf den Moment einzulassen. Natürlich muss ich mein Hirn beim Sex nicht völlig abschalten (dazu komme ich später), aber wenn es das vorrangig aktive Organ darstellt, ist das Ergebnis vielleicht auf sportlicher und perfektionistischer Ebene toll. Aber erfüllend? Eher nicht.

Emotionale Verbundenheit oder Verschmelzung

Die zweite Antwort auf die Frage nach erfüllendem Sexleben ist oft „emotionale Verbundenheit“. Das kann ich von ganzem Herzen unterschreiben, aber leider wird der Begriff oft falsch verstanden. Das, was viele Menschen mit Verbundenheit assoziieren, würde ich eher als emotionale Verschmelzung verstehen. „Ich möchte, dass mein Partner mich liebt und attraktiv findet. Er soll mich akzeptieren, wie ich bin.“ Sex soll in diesem Zusammenhang der Beweis für diese Einstellung sein. Ich möchte von meinem Partner mit dem ganzen Körper erfahren, wie sehr er oder sie mich liebt. Diese Art der emotionalen Verschmelzung bedeutet jedoch Verbundenheit ohne Individualität. (Was auch beim Thema Eifersucht eine große Rolle spielt).

Die Frage stellt sich: Muss mein Partner alles an mir toll finden? Und welchen Wert habe ich, wenn ihn nicht alles an mir „anmacht“?

Manche Menschen würden antworten: „Es stimmt, ich brauche ein gutes Selbstwertgefühl und mir ist es wichtig, dass ich Spaß habe und dass es mir gut geht!“

Wieder möchte ich am liebsten zustimmen und im gleichen Moment ein lautes „Aber!“ rufen. Wenn es mir um meine eigenen Empfindungen, besonders auf körperlicher Ebene, geht, wie wichtig ist es dann, mit wem ich da gerade zugange bin? Vermutlich wird sich jeder Sex mit fast jedem Menschen auf der Welt gleich anfühlen, weil ich dafür sorge, dass das passiert, was mir gut tut. Brauche ich dann überhaupt den Anderen und baut sich so Verbundenheit und ein Erlebnis zu zweit auf?

Wann Sex gut ist

Und mit wem ist der Sex dann eigentlich am besten, wenn ich von diesem Standpunkt ausgehe? Mit jungen Partnern mit straffen und knackigen Körpern?
Tatsächlich haben Forschungen ergeben, dass wir den besten Sex erst dann haben, wenn wir schon nicht mehr damit rechnen: In unserer zweiten Lebenshälfte.


Das hat Gründe und braucht auch einige Voraussetzungen, die uns die Frage nach den Bedingungen für leidenschaftlichen und erfüllendem Sex beantworten.

Wirklich guter Sex, abseits von der sportlichen Übung und dem selbstzentrierten oder verzweifelten Fokussieren auf die eigenen Empfindungen oder Leistungen setzt vor allem eines voraus:

Die richtige Balance aus Individualität und Miteinander. Ich halte dem geliebten Menschen gegenüber an mir fest und arbeite auf diese Weise meine unverwechselbaren Konturen heraus. Für mein Liebesleben nutze ich dann auch die beiden wichtigsten Liebesorgane, die ich habe: Mein Hirn und mein Herz.

Echte Verbundenheit setzt voraus, dass ich sicher auf meinen beiden Beinen stehe und nicht darauf angewiesen bin, wie großartig mich der Andere findet. Aus diesem Selbstbewusstsein heraus kann ich mich voll und ganz darauf einlassen, was der Andere mit in den Moment bringt. Ich kann Sachen ablehnen, die ich nicht mag und Impulse setzen, die das Geschehen auf eine neue Stufe heben.

Die klare Trennlinie

Ein echtes Miteinander setzt auf emotionaler Ebene eine klare Trennlinie voraus und es ist sehr wichtig, wo diese Trennlinie liegt.

Deshalb haben ältere Menschen auch den besseren Sex. Sie sind nicht mehr, wie so viele Anfang-Zwanziger die ganze Zeit damit beschäftigt, herauszufinden, wer sie sind und welchen Wert sie haben. Ihr inneres Wachstum, das Sich-Selbst-Kennen und das Unaufgeregtsein dessen gegenüber, was kommt, ermöglicht es ihnen, sich voll und ganz auf die Situation einzulassen, ohne Angst haben zu müssen, sich dabei zu verlieren.

Guter Sex braucht keine straffen Brüste und knackige Pos. Er benötigt nicht die perfekte Technik und den unbedingten Willen, die großartigsten Empfindungen zu haben.

Guter Sex benötigt Herz und Hirn, die mir sagen, wer ich bin und die mir ermöglichen, mich meinem Partner zu öffnen. Mit offenen Augen und großem Vertrauen in mich und in die Liebe des Anderen.

Shalom,

euer Mathias


Stichworte

Sex


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