Juli 6

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„Wir sind uns so fremd!“ – 3 Schritte aus der emotionalen Ferne

Was soll ich in einer Beziehung, in der ich keine Beziehung führe? Denn genau das ist die Situation, wenn emotionale Ferne in der Partnerschaft vorherrscht.

Wenn du auf dem Sofa sitzt. Der Fernseher läuft. Die Chips knuspern. Aber wer sitzt da eigentlich neben dir? Wer ist diese Person, mit der du vor einigen Jahren noch so vertraut warst?

Als noch alles anders war…

Für einen Moment bist du wieder da.

Damals.
Als noch alles anders war.

Hörst die Stimme deines Partners. Euer gemeinsames Lachen. Siehst seine/ihre Augen. Spürst die Wärme und den Kontakt seiner/ihrer Hand auf deiner Haut.

Und die Gespräche. Die endlosen Gespräche bei Wein oder Tee. Während sich die Welt draußen weiter drehte, blieb sie in der Mitte eurer Beziehung stehen.

Zeitsprung in die Gegenwart. Du hörst wieder die Geräusche des Fernsehers oder der Netflix-Serie. Und spürst eure Ferne förmlich körperlich.

Woran hast du erkannt, dass ihr euch fern seid?

Das Unbehagen in der Beziehung

Vielleicht, weil du merkst, dass du ständig und bei jeder Kleinigkeit getriggert bist. Das kann geschehen, wenn wir keinen Überblick mehr über die Wünsche, Sehnsüchte, Ängste und Gedanken unseres Partners haben. Diese fehlende Landkarte über die seelische Landschaft unseres Partners eröffnet einen gefährlichen Raum der Missverständnisse und Fehlinterpretationen der Worte und Taten des anderen.

Oder du verspürst Resignation. Die Unlust, weiter für deine Bedürfnisse und Wünsche in eurer Beziehung einzustehen. Lieber ziehst du dich zurück. Schweigst, wo du früher geredet hättest. Winkst ab, wenn doch noch eine Nachfrage kommt, was du wirklich meintest oder ob du tatsächlich einverstanden bist.

Oft hast du schlichtweg keine Lust, Zeit mit deinem Partner zu verbringen. Ganz einfach, weil du nicht weißt, was es dir bringen soll. Es bringt dir nichts, es rührt sich nichts in dir. Da ist nur Leere. Oder der Kontakt wäre mit Arbeit verbunden.

Warum kam es so?

Wie aber passiert es, dass wir uns so fern werden können? Betrachten wir verschiedene Beziehungsdynamiken einmal aus der Vogelpersektive, um Antworten auf diese Frage zu finden.

Der erste mögliche Grund, der uns einfällt, ist: „Der Alltag ist zu stressig. Keine Zeit für Beziehung. Keine Reserven, um Nähe aufzubauen.“

Meiner Erfahrung nach ist dies jedoch eher eine Ausrede als eine Ursache. Der äußere Faktor, hinter dem wir unsere eigene Verantwortlichkeit verstecken.

Oft liegt es eher daran, dass wir ein falsches Bild von Partnerschaft mit uns herumtragen. Ein romantisiertes Konstrukt, in dem die Leidenschaft, das Begehren und die Vertrautheit aus eigenem Antrieb ewig bestehen bleibt.

Denn wenn wir mit viel Eigeninitiative an unserer Beziehung arbeiten, wo bleibt denn da die Spontanität und die Emotionalität. Sollte meine Beziehung tatsächlich ein weiterer Punkt auf meiner To-Do-Liste sein? Entweder es geschieht einfach, oder es ist eben nicht die wahre Liebe.

Die Wahrheit: Beziehung ist, (nach einigen Monaten, vielleicht auch Jahren der Verliebtheit) nichts, was einfach über einen kommt. Das einfach geschieht.

Beziehung ist etwas, das ich gestalte. Auf das ich mich einlasse und mich investiere. Dann kann sie auch geschehen, sonst wäre die gleiche Beziehung ja mit jedem Menschen möglich. Aber an diesen Punkt darf ich erst einmal kommen und das braucht meine Aufmerksamkeit.

Und mal ehrlich: Warum sollte von allen wichtigen Aspekten unseres Lebens, die Hinwendung, Aufmerksamkeit und Achtsamkeit brauchen, unsere Beziehung ausgerechnet nicht dazugehören?

Welchen Sinn ergebe das?

Die Ferne zu dir ist die Ferne zu mir

Unsere von emotionaler Ferne geprägte Beziehung könnte jedoch auch darin ihre Ursache haben, dass wir uns selbst fern geworden sind. Von unseren Lebenszielen und dem Wunsch unser eigenes Leben zu gestalten.

Wir geben uns damit zufrieden, dass unser Leben irgendwie läuft und betäuben jedes Aufmucken eines lebendigen revolutionären Geistes mit Konsum und Medien. Wir beschaffen uns Ersatzziele, die abgeschmackte Kopien ihrer Vorbilder sind.

Meine Stimme gegen die der ganzen Talkshownation
Meine Fäuste für ein müdes Halleluja und Bohnen
Meine Zähne gegen eure zahme Revolution
Visionen gegen die totale Television

Judith Holofernes

Ein lieber Klient meinte einmal, als seine Frau ihn verlassen wollte:

„Klar haben wir viele Baustellen, aber wir hatten ja nicht die schlechteste Beziehung. Irgendwie waren wir ja ein ganz gutes Team und haben funktioniert.“

Das soll es sein?
Es war doch alles ganz okay? Nett und so?

Versteh mich bitte recht: Ich spreche hier nicht davon, in einen Perfektions- und Optimierungswahn in Sachen Beziehung auszubrechen. Das sei so fern, wie es geht!

3 Schritte aus der emotionalen Ferne

Wovon ich spreche, ist: Mich in Bezug zu stellen. Zu mir, meinem Leben, meinen Zielen und meiner Beziehung.

Es geht darum, drei zentrale Fragen zu stellen:

Warum bin ich in dieser Beziehung?

Aus Gewohnheit?
Wegen den Kindern?
Es kann schmerzhaft sein, sich selbst diese Frage zu beantworten. Aber sie ist auch unübertrefflich in ihrer aufrüttelnden Radikalität. Warum bist du in deiner Beziehung?

Was sind deine persönlichen Ansprüche an dich als Liebende/r?

Wie soll dein Selbstbild als Partner sein? Wer möchtest du sein?

Und wieder: Das hat nichts mit Perfektionismus zu zun. Du möchtest kein perfekter Partner sein. Aber du möchtest ein empathischer, zugewandter Mensch sein, der aber im richtigen Moment auch weiß, wann er sich um sich selbst kümmern muss. (Na gut, das war jetzt eine Unterstellung. Aber sind wir da d‘accord?)

Und die 3. Frage: Bist du neugierig auf deinen Partner?

Denkst du wirklich, du würdest ihn/sie schon vollständig kennen? In meinem Kursprogramm „Eltern sein – Liebende bleiben“ bekommen meine Teilnehmer im 2. Modul die Aufgabe, ihr Bild vom anderen mit einem Interview auf Vollständigkeit zu überprüfen. Und ich hatte noch keinen Teilnehmer, der mir nicht das Feedback gegeben hat, dass es da etwas neues faszinierendes zu entdecken gab!

Glaub mir, es liegt nicht am Stress.
Eure emotionale Ferne liegt nicht darin begründet, dass ihr schon lange kein Candle-Light Dinner mehr machen konntet, wegen den Kindern.

Alle zusammen:

Es liegt an der Selbstverständlichkeit, mit der wir unsere Beziehung betrachten.
Mit der wir unseren Partner betrachten.
Mit der wir glauben, ihn/sie bereits vollständig zu kennen.

Der Paar-Forscher John Gottman hat in seinen langjährigen Studien herausgefunden, dass „erfolgreiche“ Paare jede Woche mindestens 5 Stunden ihrer Zeit in ihre Beziehung investieren.

5 Stunden.
Hast du 5 Stunden für eine der grundlegenden Säulen deines Lebens?

Übrigens, du brauchst nicht zu fürchten, dass es kompliziert werden könnte, die leeren, abgeschmackten Fernseh-Abende hinter sich zu lassen und eine erfüllte und lebendige Beziehung zu führen.

Im Online-Programm „Eltern sein – Liebende bleiben“ führe ich dich und deinen Partner Schritt für Schritt zurück in die Beziehung, die ihr euch eigentlich wünscht.

Alles Liebe für dich und deinen Partner,
dein Mathias


Stichworte

Achtsame Beziehung, Liebevolle Kommunikation


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